Beabsichtigtes Lernergebnis: Ein Unternehmen als eine Gesellschaft oder eine Firma im wirtschaftlichen Umfeld verstehen, und zwar als ein soziotechnisches System. Die drei Dimensionen unternehmerischer Tätigkeit erklären.
Ein Unternehmen ist gemäss [ASCM22] (siehe Lesehinweise weiter unten) ein Vorhaben, ein Wagnis, eine Initiative, eine Gesellschaft oder Firma mit einer definierten Mission.
In diesem Kurs wird das Unternehmen als Firma im wirtschaftlichen Umfeld verstanden, und zwar als ein soziotechnisches System. Die Elemente sowie ihre Beziehungen sowohl im System als auch mit den Umsystemen sind komplexer Natur. Verschiedene Interessenten wirken mit unterschiedlichen Vorstellungen und Zielen auf das Unternehmen ein. Die Unternehmensführung ist damit eine komplexe Aufgabe. Die Abb. 1 zeigt drei Dimensionen unternehmerischer Tätigkeit. Ganzheitliche Unternehmensführung bedeutet, entlang dieser Dimensionen Führungssysteme aufzubauen, die simultan ineinandergreifen.
Abb. 1 Drei Dimensionen unternehmerischer Tätigkeit
Führungssysteme für Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette wirken heute auf Kunden und vor allem auf Zulieferer ein und werden von ihnen ebenso beeinflusst. Eine solch enge Partnerschaft ist auch aus Sicht des umfassenden Produktlebenszyklus nötig. Die Produktrückführung von Kunden, Demontage, Recycling sowie Rückführung an die Lieferanten müssen als Teil der Wertschöpfung betrachtet und entsprechend bezahlt werden.
Auf Anspruchshalter (engl. „stakeholder“) bezogene Führungssysteme behandeln Geschäftspartner, Mitarbeitende und Eigner (Aktionäre). Diesen individuellen Anspruchshaltern stehen kollektive Anspruchshalter in Form der Gesellschaft gegenüber, d.h. des makroökonomischen Umsystems, in welches ein Unternehmen als Mikrokosmos eingebettet ist. „Umwelt“ (Natur) erscheint hier personifiziert. In der Praxis manifestiert sich der Anspruch der Umwelt erst durch das Bewusstsein der anderen erwähnten Anspruchshalter.
Im Vordergrund der auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens bezogenen Führungssysteme stehen die erwartungsgemässe Qualität und Lieferung (engl. „delivery“), sowie die notwendigen Kosten und deren Finanzierung. Bei Flexibilität, Agilität und Innovation handelt es sich meistens um Potentiale, die sich erst mittelbar auf das Unternehmensergebnis auswirken, und zwar über die zukünftigen Leistungen in den drei anderen Bereichen. Auf die Leistungsfähigkeit bezogene Aufgaben beeinflussen sich auch gegenseitig und wirken als Querschnittaufgaben durch die Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette und die „stakeholder“-bezogenen Aufgaben hindurch.
Das Integrale Logistikmanagement widmet sich besonders der erwartungsgemässen Lieferung, also Zielen wie Lieferbereitschaft, Liefertreue und kurze Durchlaufzeiten. Um die Ziele zu erreichen, muss es gelingen, die entsprechende Denkweise in allen Führungssystemen entlang der ganzen Wertschöpfung zu verhaften, und schliesslich auch unternehmensübergreifend. Integrales Logistikmanagement begleitet die Wertschöpfung über den ganzen Produktlebenszyklus, berücksichtigt aber ebenso die Wirkung auf die verschiedenen Anspruchshalter an das Unternehmen, besonders auf die Geschäftspartner.
Integrales Logistikmanagement stellt das Umsetzen von Ideen, Konzepten und Methoden in den Vordergrund, welche das Potential haben, die Effektivität und die Effizienz eines Unternehmens in der Leistungserstellung zu vergrössern. Patentrezepte, Schlagworte und vereinfachende Theorien haben hier wenig Chancen. Die Realität im täglichen Geschehen von Unternehmen in Industrie und Dienstleistung ist komplex und erfordert viel Fleiss (lat. „industria“) in der Detailarbeit. Im Unterschied zu manchen strategischen Konzepten der Unternehmensführung wird hier der „Wahrheitsbeweis“, d.h. der Nachweis der Wirksamkeit, schnell und messbar erbracht. Fehler ergeben rasch unzufriedene Kunden und Mitarbeitende und damit schlechte Geschäftsergebnisse. Diese Unmittelbarkeit und Messbarkeit lassen auch keine Zeit, Verantwortlichkeiten auf andere abzuwälzen.
Auf der anderen Seite bieten logistische Aufgaben eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten. Gerade hier ist die Kreativität des Menschen, verbunden mit Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen, besonders gefragt. Methoden der Planung und Steuerung in der Unternehmenslogistik und insbesondere auch IT-unterstützte Werkzeuge sind immer nur Hilfsmittel. Die Erfahrung zeigt zudem immer wieder, dass der Erfolg im Einsatz von Methoden und Werkzeugen stark von den Personen abhängt, die sie einsetzen.